Start Badische Geschichte Waldenser in Baden-Durlach

Im Gegensatz zu den Hugenotten waren die Waldenser keine Reformationsbewegung. Ihre Wurzeln reichen bis in das Hochmittelalter zurück. Petrus Valdes (Pierre Waldes) war († um 1217) ein reicher Kaufmann in Lyon. Er sprach selbst kein Latein, wollte sich aber dem Bibelstudium widmen. Deshalb beauftragte  den Priester Stephan von Anse die  „Vulgata“, die  lateinische Bibel, in den südfranzösischen Dialekt zu übersetzen.

 

Im Zeitraum der Jahre 1176 / 1177 hatte Valdes ein Erlebnis, das sein Leben entscheidend verändern sollte. Die Hintergründe dieses Erlebnisses werden in verschiedenen Quellen unterschiedlich dargestellt. Das Ergebnis ist aber über all das gleiche:  Er gab einen Großteils seines Vermögens ab, organisierte während  einer Hungersnot Armenspeisungen und hielt Bibellesungen ab. Dadurch gewann er viele Anhänger, die seinem Beispiel, einem frommen Leben in freiwilliger Armut, folgen wollten. Sie zogen bettelnd und predigend durch das Gebiet der Diözese Lyon und bekamen deshalb den Beinamen „die Armen von Lyon“.

 

Das Recht zu predigen war aber ausschließlich der katholischen Kirche vorbehalten. So wandte sich Valdes   während des dritten Laterankonzils, der 1779 in Rom tagte, an Papst Alexander III. (*um 1100 oder in Siena, †30.08.1181 in Civita Castellana). Dieser billigte letztlich die Lebensweise der „Armen von Lyon“  und erteilte ihnen die gewünschte Predigterlaubnis mit der wesentlichen Einschränkung, dass nur mit Genehmigung des örtlichen Bischofs gepredigt werden dürfe. Bis zum Tod des Lyoner Erzbischofs Guichard 1181 konnten die Waldenser somit rechtmäßig predigen.

 

Doch mit dessen Nachfolger Jean Bellesmains kam es zum Zerwürfnis – angeblich wegen der Mitwirkung von Frauen bei der Predigt. Der Erzbischof entzog Valdes das Predigtrecht, worauf dieser geantwortet haben soll: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“. (Apg. 5,29)

 

1182/83 wurde er nach seiner Weigerung, dem Predigtverbot Folge zu leisten, durch den Erzbischof exkommuniziert und mit seinen Anhängern aus Lyon vertrieben. 1184 wurden die „Armen von Lyon“ von Papst Lucius III. (*um 1097 in Lucca †25.11.1185 in Verona) in dem  Edikt Ad Abolendam als Häretiker (Ketzer) aufgeführt, dauerhaft exkommuniziert und mit schweren Strafen bedroht. 1215 folgte eine weitere Verurteilung  während des  IV. Laterankonzils unter Papst Innozenz III. (*um 1160 auf Kastell Gavignano †16.07.1216 in Perugia)

 

1252 wurden die Waldenser zur „Infamie“ verurteilt. Sie galten damit alle als Schwerverbrecher, verloren sämtliche Rechte und wurden von der Inquisition verfolgt. Im Zuge der Verfolgungen wurde die Missionstätigkeit der Waldenser schwer eingeschränkt.

 

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts hatten die Waldenser  in Südfrankreich, Norditalien und Österreich Bibelschulen und Versammlungszentren errichtet. Unter dem Druck der Verfolgung mussten sie diese wieder aufgeben. Die waldensischen Prediger mussten hauptsächlich im Untergrund predigen  und widmeten sich kaum noch der Mission.

 

In Europa waren die waldensische Gemeinschaften vor allem in unzugänglichen Gebirgstälern der Alpen auf französischer und italienischer Seite zu finden, bis sie sich Anfang des 16. Jahrhunderts der Reformation anschlossen. 1532 gründeten die Waldenser in den Tälern der „Cottischen Alpen“ eine eigene reformierte Kirche. Gepredigt wurde in französisch und italienisch. Danach erging es Ihnen wie den Hugenotten. Sie wurden verfolgt und in manchen Regionen wie z.B. im Luberon 1545 und in Kalabrien 1561 komplett ausgelöscht. 1655 fielen viele Waldenser im Piemont einem Massaker zum Opfer.

 

Nach dem  Edikt Fontainebleau am 18.10.1685 durch den Sonnenkönig Ludwig XIV, in dem die protestantische Kirche  verboten wurde, schlossen sich auch viele Waldenser den Hugenottenbewegungen an.

 

In Deutschland gibt es heute keine eigenständigen Waldensergemeinden mehr. Sie wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts  in die lutherischen Kirchen integriert und mussten ihre Gottesdienste seit dem in deutsch halten. Weltweit gibt es heute noch ca. 100.000 Waldenser. Etwa die Hälfte davon in Italien wo sie sich 1979 mit den Methodisten zusammen schlossen. Der Rest lebt größtenteils in Südamerika.

 

 

Literatur:

 

Die Waldenser auf ihrem Weg aus dem Val Cluson durch die Schweiz nach Deutschland. - Stuttgart: Scheufele: Bd. 5 Die Ortssippenbücher der deutschen Waldenserkolonien - Walldorf und Palmbach, Untermutschelbach, Kleinsteinbach aus LaBalme, Roure und Méan im Val Pragela, Hugenottenkolonie Neukelsterbach

 

Autor / Hrsg.:

Erscheinungsjahr:

Umfang:

ISBN:

Theo Kiefer  / Scheufele

2001

250 Seiten

3-923107-11-0